Mittwoch, 10. Dezember 2008

Chassene im Gemeindezentrum

Zu ihren Aufgaben zählt die Bildungskommission auch die Schulung von Mitarbeitern der Kultusgemeinde und ihrer Organisationen. In einer Umfrage unter den Lehrern von JBBZ und ZPC im vergangenen Jahr zeigte sich, dass das größte Interesse den jüdischen Festen gilt. Wir suchten uns für die Veranstaltung im Wintersemester 2008 also das Thema Hochzeit aus.
Doch wie sollen wir einen Vortrag – denn Einladungen zu einer Hochzeit würden wir nicht organisieren können – spannend und lebensnah machen, dass er den Ernst und den Spaß einer „Chassene“ widerspiegelt? Mit Bild und Ton und einer typisch jüdischen Kabarett-Form: der Doppel-Conference.

Edi Gross, der in der BiKo den externen Religionsunterricht vertritt, und ich machen bei der Veranstaltung am 1. Dezember im Gemeindezentrum einen auf Farkas und Waldbrunn und geben im Ping-Pong Theorie und Praxis, Ernstes und Lustiges, Philosophisches und Persönliches zum Besten. Edi erklärt die Bedeutung des "Bedeken", bei der der Mann seiner Verlobten den Schleier über das Gesicht zieht. Ich erzähle über den Moment, wenn die Braut ihren Bräutigam nach einer Woche Trennung das erste Mal beim "Bedeken" wiedersieht. Wenn er über das Segnen von Wein spricht, erzähle ich über den Brauch, nur Weißwein zu verwenden, damit das Brautkleid nicht in rot angespritzt werden kann. Edi erklärt die "Sheva Brachot", bei denen ausgewählte Gäste sieben Segenssprüche für das Brautpaar sprechen, und ich ziehe den Vergleich zu den Fürbitten bei einer kirchlichen Hochzeit. Eine ganz wichtige Erkenntnis - auch für mich: Woher kommt das Wort Heirat? Von dem Satz, mit dem der Bräutigam sagt, dass er seine Braut zur Frau nimmt. Auf Hebräisch: Harei at ....

Damit die Zuhörer auch ein Gefühl für die Situation einer Hochzeit bekommen, zeigen Edi und ich als Illustration Szenen aus meinem Hochzeitsvideo. Eine gute Gelegenheit, nach fünf Jahren wieder den ganzen Film anzuschauen. So bekomme ich wieder Lust, über das Heiraten zu erzählen. Und die Zuschauer können sich ein Bild machen, wie eine jüdische Hochzeit abläuft. Wenn sie das nicht ohnehin schon aus den Hochzeitsszenen in Hollywood-Filmen gelernt haben.

Was ist los im Kultusvorstand?

Meine GESHER-Kollegen sitzen jetzt gerade beim Plenum in der Kultusgemeinde. Yvonne Feiger und Thommy Schärf an den U-förmigen Tisch, wo die Mandatare Platz nehmen. Die anderen in der zweiten Reihe für die Besucher. Ich wäre ja auch neugierig, was sich heute wieder tut, aber bei einem einmonatigen Baby sind Abendtermine rar. Zum Glück führen wir ein internes Protokoll, damit die Partei-Genossen gut informiert sind. Wir hatten überlegt, diese Zusammenfassung an interessierte Wähler zu schicken. Es kann ja grundsätzlich jedes IKG-Mitglied zum Plenum zuhören kommen. Die Daten sind in der Gemeinde aufgelistet. (Nicht allerdings Zeit und Ort. Interessant.) Doch wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das breite Versenden wenig Sinn hat. Allgemeines Geplänkel ist nicht interessant zu berichten und sehr brisante Diskussionen sind zu heikel, um sie massenweise durch das Netz zu schicken. Wer allerdings an den Themen interessiert ist, kann sich gerne persönlich bei uns erkundigen.

Die Tagesordnung ist bei jeder Sitzung ähnlich: IKG-Campus, Rabbiner Friedmann, Friedhöfe und Eruv stehen jedes Mal auf dem Programm. Manchmal wird über diese Themen so lange und heftig diskutiert, dass Punkte wie Stop the Bomb – Keine Atombombe für den Iran oder Kaschrut-Liste verschoben werden. Abstimmungen müssen eher zu Beginn des Abends stattfinden, damit eine ausreichende Anwesenheits-Mehrheit vorhanden ist. Denn bis Mitternacht sinkt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Anzahl der anwesenden Mandatare: Manche gehen einfach, wenn ihre Anliegen erledigt sind. Oder wenn das Bett ruft.